Was treibt Zufriedenheit?
Ob das berühmte Zitat: „Das Bessere ist der Feind des Guten“ tatsächlich vom Philosophen Voltaire stammt, soll hier nicht aufgeklärt werden. Das angesprochene Phänomen finden wir leider tagtäglich: Wir geben uns häufig mit einer vertrauten Lösung zufrieden, die scheinbar unsere Probleme löst, und sind manchmal unempfänglich für eine bessere Lösung, die uns aber einen deutlichen Schritt weiterbringt.
So sieht auch der Markt der handelsüblichen Stakeholder-Befragungen, also Mitarbeiterbefragungen und Kundenbefragungen, aus. Er ist geprägt von vielen guten Lösungen, sei es schnelle Pulse-Befragungen, oder etwas tiefer gehende Status-Erhebungen. In beiden werden – in unterschiedlicher Substanz – die Meinungen und Stimmungsbilder der befragten Zielgruppe genau beschrieben. Als Ergebnis haben wir dann Stärken- und Schwächenanalysen in der Hand.
Das kann es aber nicht sein. In Zeiten von Big Data, Business Intelligence und KI sollten wir mit erhobenen Daten doch mehr anstellen können, als nur Dinge zu beschreiben.
Das Beschreiben ist die Basis
Beschreibende Analysen bezeichnen wir als deskriptive Statistik. Sie sind die Basis von Befragungsergebnissen:
- Wie zufrieden sind die bestehenden Kund:innen mit unseren Leistungen?
- Wie bewerten Mitarbeiter:innen unsere Unternehmenskultur?
- Wie werden die unterschiedlichen Rahmenbedingungen unserer Arbeit aus der Sicht unterschiedlicher Tätigkeitsgruppen bewertet?
- Welche Stärken und Schwächen unserer Organisation äußert Kundengruppe A im Vergleich zur Kundengruppe B?
Alles das lässt sich gut darstellen. Wir verwenden dazu %-Werte, Verteilungen, Mittelwerte oder den Median.
Aus den – hoffentlich leicht lesbaren Berichten – können wir dann erkennen, dass z.B. junge Mitarbeiter:innen unsere Unternehmenskultur kritischer bewerten als ältere, dass die Führungskräfte unsere neue Strategie aus äußerst zukunftsorientiert sehen, dass Kundengruppen aus der Region Ost mit unserem Service weniger zufrieden sind als jene der Region West und vieles mehr.
Aber sind die negativ oder positiv bewerteten Aspekte überhaupt wichtig? Setzen wir auf die richtigen Pferde? Wir wollen ja z.B. loyale Kund:innen. Ist unser als zu hoch empfundener Preis tatsächlich entscheidend, ob unsere Kund:innen unser Produkt nachhaltig kaufen? Ist das umfangreichste und teuerste Element unseres Employer Branding-Projekts, nämlich die Unternehmens-Akademie tatschlich ein wirksamer Bindungs-Aspekt?
Zusammenhänge erkennen
Das neueste Buch des inspirierenden Autors Wolf Lotter heißt „Zusammenhänge: Wie wir lernen, die Welt wieder zu verstehen“, und die erste Kapitelüberschrift lautet: „Wir, der Wald und die Bäume“. So geht es uns zumeist, wenn wir mit einer Fülle von (deskriptiven) Daten und Analyseergebnissen konfrontiert sind: Wir sehen viele Bäume, aber wir verlieren den Blick auf den gesamten Wald. Der Blick auf das Ganze wird verstellt durch den Fokus auf das einzelne Phänomen. Wir erkennen nicht die Mechanik der einzelnen Elemente auf unser grundlegendes Ziel. Wir können daher nur einzeln wirksame Entscheidungen treffen.
Aus diesem Grund eröffnen weiterführende Analysen von Befragungsergebnissen eine neue Tür des Erkenntnisgewinns. Dabei spielen Treiberanalysen einen wichtigen Part. Sie sind technisch gesehen Regressionsanalysen, die den Einfluss mehrerer unabhängiger Variablen auf eine Zielvariable (abhängige Variable) erklären.
Wie sieht das bei einer Mitarbeiterbefragung aus?
Wir fragen darin in der Regel mehrere Handlungsfelder ab, z.B. Unternehmenskultur, Arbeitsplatzbedingungen, Führung, Werte & Leitbilder, Abläufe etc. Und wir stellen eine Frage nach dem Ziel des Unternehmens, z.B. Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber oder Bindung an das Unternehmen.
Und jetzt kommen die Treiberanalysen zum Zug: Das Ergebnis dieser Analysen zeigt – unabhängig von der Bewertung bzw. Zufriedenheit – den Einfluss bzw. die Wichtigkeit der einzelnen Handlungsfelder in Richtung des Ziels.
Wo genau müssen wir ansetzen, um z.B. Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern? Welchen Hebel gibt es zur Stärkung der Mitarbeiterbindung? Damit reduzieren sich automatisch die Handlungsfelder auf nur jene, die einen Unterschied machen.
Wenn wir die Bewertungsebene mit der Wichtigkeits-Ebene verbinden wollen, nutzen wir zur besseren Visualisierung ein Portfolio. Die zwei Portfolio-Felder der STAR-Faktoren und der kritischen Faktoren sind essenziell. Sie triggern auch unterschiedliche Maßnahmen. Um einen STAR-Faktor zu halten, bedarf es anderer Maßnahmen, als wenn wir einen kritischen Faktor verbessern wollen.
Analysekompetenz bringt Kontextkompetenz (C) Wolf Lotter
Nur wenige Anbieter von Stakeholderbefragungen haben diese Analysekompetenz. Manche behelfen sich damit, die Wichtigkeiten im Fragebogen direkt zu erheben und vergessen, dass damit Tür und Tor für Fehlerverzerrungen geöffnet wird. Am Beispiel von Bezahlung bei Mitarbeiterbefragungen oder Preis bei Kundenbefragungen ist das klar ersichtlich: Wenn wir Mitarbeiter:innen nach der Wichtigkeit der Bezahlung, Kund:innen nach der Wichtigkeit des Produktpreises fragen, bekommen wir höchste Werte, obwohl Bezahlung oder der Produktpreis in seltenen Fällen die wichtigsten Treiber sind. Die Ergebnisse von direkten Fragen zur Wichtigkeit sind einfach nicht valide. Sie messen nicht das, wonach wir fragen.
Aus diesem Grunde sollen wir uns, wenn wir Befragungen beauftragen, nicht mit einfachen Statusbefunden und deskriptiver Statistik zufriedengeben. Das Bessere liegt in einer professionellen weiterführenden Analyse durch Treiberanalysen. Erst diese bringt uns auch die Kompetenz, den Kontext richtig zu verstehen. Wolf Lotter spricht hier von der “Kontextkompetenz”. Maßnahmen können dort ansetzen, wo sie etwas bringen.
Interesse, neue Ebenen der Erkenntnis in Ihren Befragungen zu bekommen? Schreiben Sie uns doch einfach in unser Kontaktformular, was Sie beschäftigt. Wir können Ihnen gute Tipps geben und Sie dabei unterstützen.