Die große Angst vor den neuen Jungen

Die Generationen Y und Z erobern zunehmend die Arbeitswelt, und die meisten Führungskräfte und HR-Verantwortlichen sehen das als eine der größten aktuellen Herausforderungen am Arbeitsmarkt. Jugend-Studien und Analysen über die Einstellungen der neuen Generationen häufen sich, und in vielen Key Notes wird das Publikum aufgerüttelt, dass mit dem Generationenwechsel neue Zeiten angebrochen sind. Wir können dann in perfekt aufbereiteten Charts nachlesen, wie diese junge Menschen so ticken.

Als Reaktion sehen es viele Unternehmen dann als wichtig an, ihre Strukturen, Prozesse und auch ihre Organisationskultur an das Bild, das ihnen über die neuen Generationen vermittelt wurde, anzupassen. Führungskräfte werden trainiert, um einen Mindset-Shift der Sonderklasse hinzulegen, die Kaffee-Ecke wird zur Sportarena umgebaut und statt dem Oldschool-Obstkorb gibt es eine Glückskeks-Tombola.

Warum ist das so? Ganz einfach: Die Beratungsindustrie (groß und klein) sieht im Generationenmanagement eine attraktive Ausweitung ihres Geschäftsmodells für Trainings, Workshops und Consulting-Aufträge. Die im eigenen Content-Marketing erstellten Studien und Whitepapers wiederholen leider sehr oft nur die gleiche klischeehafte Botschaft, wie die Generationen Y und Z denkt und handelt.

Verunsicherte Führungskräfte kommen dadurch massiv unter Druck. Dabei ist das Management neuer Generationen immer schon eine gewisse Herausforderung gewesen. Auch die Boomer waren einmal eine New Generation.

Cool down wäre angesagt

Natürlich gibt es in jeder Altersgruppe bzw. Generation gewisse spezielle Eigenheiten und Werte-Schwerpunkte. Diese sollten wir genau beobachten und dabei aber auch die Qualität der Studien prüfen. Wer wurde wie befragt? Ist die Stichprobe auch repräsentativ für die gesamte Generation? Selbst globale Consulter nutzen nur leicht verfügbare Zielgruppen (z.B. Studierende, Oberschicht…) und verkaufen diese als repräsentativ. Und viele sprechen einfach nur Dinge nach, die gefällig klingen.

Was man aus der Generationenforschung lernt, ist das: der Glaube, dass man ein einheitliches Muster über die Generationen legen kann, ist ein großer Irrtum. Verallgemeinerungen und Aussagen, wie „Die Generation Z tickt so“ sind einfach falsch. Berücksichtigt man innerhalb der Generationen nämlich einzelne Subgruppen (Lebenswelten, Herkunft, soziale Lage…), so zeigen sich enorme Unterschiede. Über die Studien der Generationenforschung kann man grobe Einstellungsmuster bekommen, aber der Blick bleibt unscharf und diffus.

Es wird auch oft übersehen, dass wir weniger ein Generationenphänomen haben, sondern einfach nur das simple Wirken des marktwirtschaftlichen Gesetzes Angebot und Nachfrage. Junge Fachkräfte, die genau merken, dass sie eifrig umworben werden, spielen ihre gestiegene Verhandlungsmacht im Bewerbungsprozess gezielt aus und steigern ihre Forderungen an den Arbeitgeber entsprechend nach oben. Dieser Mechanismus wird uns dann als Wertewandel verkauft. Auf Werte ist anders zu reagieren als auf Verhandlungsangebote.

Zentrale Erwartungen an den Arbeitgeber bleiben konstant

Ein gutes Arbeitsklima, eine nachvollziehbare Orientierung und klare Organisationsstruktur, der Wunsch nach Anerkennung, Weiterentwicklungsmöglichkeiten und faire Behandlung sind Themen, die generationsübergreifend relevant sind. Und es ist ein Märchen, dass die junge Generation grundsätzlich faul ist. Auch junge Menschen wollen Leistung erbringen und darüber – genau wie ältere – ein entsprechendes, anständiges Feedback bekommen.

Aus vielen Forschungen hat sich Folgendes herauskristallisiert: Junge Generationen wollen sich – ganz nach dem Motto „Individualisierung“ – gerne selbst einbringen. Arbeitsgeber, die ihre spezifischen Kompetenzen ansprechen und die Tätigkeiten und Aufgabenanforderungen diesen anpassen, ernten hohe Attraktivität und Bindung (siehe dazu unseren Blog-Beitrag „Job Crafting“).

Auffällig ist auch, dass junge Generationen stärker den normativen Kontext von Unternehmen beachten. Werte, Kultur, Sinn, Sprache, Management von Nachhaltigkeit, Diversity und Inklusion im Unternehmen sind für sie wichtige Rahmenbedingungen ihres Arbeitgebers. Normverstöße werden schnell kritisiert und geahndet. Einen hohen Stellenwert haben auch flexibel gestaltete Arbeitszeiten und Arbeitsorte im Unternehmen, was viele Arbeitgeber vor große Herausforderungen stellt. Wie gelingt es, hohe Produktivität bei individuell unterschiedlichen Rahmenbedingungen zu gewährleisten?

Die Trennung von Beruf und Privatleben wird auch immer wichtiger. Übergriffige, vereinnahmende Organisationskulturen werden immer stärker abgelehnt (siehe dazu unseren Blog-Beitrag „New Work oder lasst uns doch einfach in Ruhe arbeiten!“).

Was bedeutet das jetzt für uns?

Wie wir sehen, ist der Shift zu den neuen Generationen keine neue Zeitenwende. „Fürchtet Euch nicht“, möge man fast laut ausrufen. Organisationen, die schon immer ehrlich und authentisch mit ihren Mitarbeiter:innen kommunizieren und umgehen, sollten das genauso beibehalten. Das Wissen, was die eigenen Mitarbeiter:innen tatsächlich erwarten, und dieses auch in einer fairen und klaren Weise umsetzen, das zählt.

Einen heißen Tipp können wir dennoch geben: Auf Evidenz achten, hat sich schon immer ausgezahlt. Achten wir doch mehr auf die Qualität von Studien und holen uns Fakten aus der eigenen Belegschaft durch professionelle Mitarbeiter:innenbefragungen, Analysen zum Employer Branding, z.B. zur Mitarbeiter:innenbindung und Unternehmenskultur. Evidenz rockt!

Schreiben Sie uns! Wir unterstützen Sie dabei mit professionellen Analysen, Evidenz in Ihr Unternehmen zu bringen und damit gute Entscheidungen zu treffen.