Offene Fragen in Mitarbeiterbefragungen und Kundenbefragungen einsetzen

OFFENE FRAGEN GEZIELT EINSETZEN

In den meisten Befragungen, wie zum Beispiel Mitarbeiterbefragungen oder Kundenbefragungen überwiegen offene Fragen (Skalierungen). Offene Fragen bieten als Ergänzung zu den geschlossenen eine Quelle für erweiterten Input. Beim EInsatz von offenen Fragen gilt es jedoch, einiges zu beachten.

Offene Fragen können an mehreren Stellen und in unterschiedlicher Richtung im Fragebogen eingesetzt werden.

  • Am Fragebogenende im Sinne von „Was ich noch sagen will“ als Möglichkeit, Dinge nach dem eigenen Empfinden offen anzusprechen. Die Ergebnisse streuen hier erfahrungsgemäß breit, aber bieten einen guten Überblick über aktuelle Sorgen / Themen.
  • Gezielt zu einzelnen Fragethemen können zusätzliche Themen, Gedanken oder auch Maßnahmenvorschläge abgefragt werden. Sie bieten erweiterten Input spezifisch zu konkreten Fragebogen-Themen.
  • Positive Fragen in Richtung von Stärken und positiven Empfindungen (z.B. „Was konkret finden Sie besonders gut an unserer Unternehmenskultur?“) stärken auch den Blick auf das Gute ganz im Sinne der positiven Psychologie und Ressourcenorientierung
  • Strategische Fragen können gezielte Inputs für zentrale und zukünftige Themen einer Organisation geben (z.B. „Welche konkreten Ideen haben Sie, um bei uns Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung zu verbessern?“).

VORTEILE OFFENER FRAGEN

Offene Fragen bieten viele Vorteile:

  • Vertiefen von Themen durch weitere Erläuterungen, z.B. um Ursachen von verschiedenen Problemen zu erörtern
  • Aufgreifen von Themen, Stimmungen und Meinungen, die im Fragebogen nicht behandelt werden
  • Gezielte Antworten auf strategische Fragen oder Maßnahmenvorschläge einholen
  • Steigerung der Wertschätzung der Befragten durch partizipatives Moment: Frage nach individuellen Meinungen und Eindrücken

NACHTEILE OFFENER FRAGEN

Offene Fragen haben aber auch Nachteile:

  • Das grundsätzliche Problem bei offenen Fragen ist der Aufwand der Auswertung / Darstellung und die Gefahr der Ent-Anonymisierung der befragten Personen
  • Bei großen Stichproben ist die Menge an offenen Kommentaren oft unübersehbar und kaum darstellbar
  • Offene Antworten sind bei Papier-Bleistift-Befragungen sehr aufwändig zu transkribieren
  • Bei mehrsprachigen Befragungen oder sogar Befragungen mit unterschiedlichen Schriften ist die Auswertung und Überprüfung der Anonymität ungleich aufwändiger.

AUSWERTUNG OFFENER FRAGEN

Offene Fragen können unterschiedlich ausgewertet werden. Zuallererst ist das immanente Thema der Anonymität zu klären. Durch offene Kommentare kann es möglich sein, auf die Identität der befragten Person zu schließen (z.B. „Ich bin vor 13 Jahren als erste Frau in das Team X aufgenommen worden, und…“).

Offene Fragen sollten daher zuerst von neutralen Personen (z.B. durchführendes Institut, oder Projektleitung und Betriebsrat) durchgearbeitet werden, um mögliche Anonymitätsprobleme zu eliminieren.

Schwierig ist der Umgang mit beleidigenden und denunzierenden Kommentaren, einerseits sind sie Ausdruck einer gewissen Emotion, andererseits haben sie aber nur destruktive Effekte. Das sollte vorab mit dem Auftraggeber geklärt werden.

Die häufigste Art und Weise der Auswertung sind Auflistungen der offenen Kommentare im O-Ton, zugeordnet nach einzelnen Gruppen. In den jeweiligen Berichten werden diese offenen Kommentare aufgelistet.

Eine weitere Möglichkeit ist es, offene Kommentare zu clustern und in Gruppen zusammenzufassen. Diese Aggregierung und das Auszählen der Nennungshäufigkeiten pro Kategorie können bei der Interpretation helfen: Welche Themen kommen sehr häufig vor und wie vergleichen sich diese Häufigkeiten zwischen einzelnen Einheiten der Befragung? Der Nachteil dieser Methode ist der hohe Aufwand und die schlechte Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Messzeitpunkten / Wellen.

Die Codierung offener Antworten kann auch mit Hilfe computerunterstützter Inhaltsanalyse automatisiert werden (z.B. durch MAXQDA).

FAZIT

Offene Fragen sind grundsätzlich eine gute Möglichkeit, quantitative Analysen (mit geschlossenen Fragen) zu ergänzen. Der hohe Arbeitsaufwand und das Thema der Anonymität gilt es jedoch, vorab zu klären und zu berücksichtigen.