Gezielt Kipppunkte in Organisationen erzeugen
Der Begriff Kipppunkte beherrscht seit einiger Zeit immer häufiger unsere Diskussionen. Anfang des Jahrtausends wurden von der Wissenschaft Kipppunkte in erster Linie für unser Klimasystem definiert. Damit wurden Veränderungen beschrieben, die einen irreversiblen Prozess auslösen, zum Beispiel die Erwärmung der Meere. Es handelt sich dabei um Vorgänge, die ab einem gewissen Punkt keine Umkehrmöglichkeit haben.
Kipppunkte gibt es aber auch in sozialen Systemen
In den Sozialwissenschaften sind Kipppunkte bereits seit den 1950er Jahren beschrieben worden, wenn es z.B. darum geht, Einflussfaktoren zu erklären, die zu einem Stimmungswandel in einer Gesellschaft geführt haben.
Ursprünglich gab es die Annahme, dass immer eine Mehrheit in einer Gesellschaft benötigt wird, um einen Umschwung von Meinungen oder Normen zu bewirken. Das hat sich als falsch herausgestellt. Bereits ab einer kritischen Masse von 20-30 Prozent aktiver und engagierter Menschen, die eine Öffentlichkeit nutzen, kann eine Stimmung in der Gesellschaft oder eine gesellschaftliche Norm zum Kippen gebracht werden.
Das gelingt aber nicht immer. Es muss auch die Zeit für den Umschwung reif sein, also eine gewisse Bereitschaft zum Wandel geben.
Beispiele für einen schnellen Stimmungswandel, den nur wenige Engagierte ausgelöst haben, gibt es viele:
Die #metoo-Bewegung wurde weltweit in Bewegung gesetzt nach dem Erscheinen eines Artikels in der New York Times, in dem dem Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein sexuelle Belästigungen vorgeworfen wurden.
Die Anti-Apartheitsbewegung in den USA gewann erst richtig an Fahrt nach der öffentlichkeitswirksamen Weigerung von Rosa Park, als schwarze Person, einen Bus zu verlassen.
Jede Bewegung kann versuchen, gezielt Kipppunkte zu erzeugen. Es braucht dazu eine kritische Masse und ein zentrales Momentum, damit daraus eine überzeugende massentaugliche Kraft wird. Auch braucht es grundlegende Voraussetzungen im Gesamtsystem, die das Kippen unterstützen, nämlich eine generelle Bereitschaft zur Veränderung bzw. eine aktuelle Instabilität. Mit Hilfe einer Initialzündung und einigen unterstützenden Rahmenbedingungen können soziale Normen sich relativ rasch verändern.
Gezielt Kipppunkte in Organisationen nutzen
In Organisationen sind Veränderungen an der Tagesordnung: Kulturwandel, Digitalisierung, Innovation, Reorganisations-Projekte bemühen sich laufend, flächendeckende Zustimmung zu bekommen. Der Change steht an der Tagesordnung. Leider erreichen aber nur wenige dieser Change-Projekte das gewünschte Ziel.
Was kann das Gelingen derartiger Veränderungsprojekte verstärken?
- Vernetzung: Die Macht von Bildern, eine gute Vernetzung im sozialen System (Gesellschaft oder Unternehmen) sowie das strategische Nutzen von Effekten sozialer Medien können Botschaften schnell und wirksam verbreiten. Die Informationen müssen dabei einfach und leicht mitteilbar sein.
- Follower aktivieren: Menschen, die die Initiative ergreifen, können durch gezielte Aktivierung von Mitmenschen, sich an dieser Initiative zu beteiligen, schnell eine Stimmung zum Kippen bringen. Diese ersten Follower müssen auch als solche schnell der Zielgruppe präsentiert werden, um wiederum weitere zu aktivieren. Die Sozialpsychologie nennt das „Bystander-Effekt“.
- Offene Kommunikation: Wenn wir offen und ehrlich die Ziele und Beweggründe und vor allem auch den Fortschritt der Veränderung kommunizieren, dann generieren wir viel leichter Commitment und Beteiligung am Wandel.
- Sichtbare Unterschiede nutzen: Klar visualisierte Unterschiede zum Beispiel zwischen einem SOLL- und IST-Zustand schaffen es gut, Menschen zu aktivieren, sich in Richtung des SOLL zu bewegen. In Unternehmen können etwa Ergebnisse von Befragungen (Mitarbeiter:innenbefragungen oder Kund:innenbefragungen) Unterschiede klar darstellen. Wenn zum Beispiel in der einzigen Frage zur offenen Unternehmenskultur die Werte klar unter der eigenen Erwartung (oder unter einem Benchmark) liegen, kann das eine enorme Dynamik in Richtung eines Kulturwandels auslösen. Diese einzelne Frage sollten wir dann regelmäßig einsetzen, um die Kulturveränderung über längere Zeiträume hinweg messbar zu machen.
Interesse, Kipppunkte gezielt herbeizuführen? Zum Beispiel mit professionellen Feedbacktools von pluswert. Schreiben Sie uns doch einfach in unser Kontaktformular, was Sie beschäftigt.