Einfach das Gegenteil behaupten!

Managementgurus nutzen viele Kanäle, um ihre Botschaften zu verkünden: die Key Note Speaker-Bühne, Bücher, Whitepapers, Videokanäle, Podcasts und natürlich auch soziale Medien, allen voran LinkedIn. ie Anzahl dieser Kanäle nimmt zu und offensichtlich auch die Anzahl der Managementgurus. So herrscht in diesem Markt ein knallharter Verdrängungswettbewerb, der seit längerem ein Phänomen erkennen lässt: Um Aufmerksamkeit zu erzielen, werden die Botschaften immer krasser und radikaler. Es gilt das Prinzip: argumentiere gegen den Mainstream und behaupte Tatsachen, die einen klaren Bruch mit einer gängigen Managementpraxis oder einem allgemeingültigen Verständnis darstellen, dann wirst du gehört und auf die Bühnen des Managements eingeladen.

Während wir gelernt haben, dass seriöses und professionelles Vorgehen bedeutet, dass wir differenziert vorgehen sollen, den Kontext prüfen und Vor- und Nachteile von Maßnahmen abwägen, gilt heutzutage wohl eher das Prinzip der radikalen Provokation und des gezielten Denkmalstürmens. Dieses Phänomen lässt sich anhand von ein paar Ausprägungen gut beschreiben.

Vereinfache alles

Visuell attraktive und oberflächlich überzeugend wirkende Tools, hinter denen meist ein kurzlebiges Geschäftsmodell steht, skizzieren die üblichen Lösungen dieser Anbieter. Hier ein paar Beispiele:

  • Eine fancy Dashboard-Software soll das Problem des Dialogs zwischen Management und Belegschaft lösen
  • Die Nutzung der agilen Methode X kann Unternehmenskultur binnen Tagen verändern
  • Eine gerade durch jedes Dorf gejagte Methode bewirkt, dass Entscheidungen der Mitarbeiter:innen im Sinne des Unternehmens verändert werden können

Komplexe Realitäten des Unternehmensalltags werden bei diesen Ansätzen oft ignoriert, um mit einer einfachen Lösung schnell zu punkten. Die realen wirtschaftlichen Zwänge und Herausforderungen von Unternehmen und die Komplexität des Handlungsfeldes werden gerne ausgeblendet.

Behaupte einfach das Gegenteil

Je größer das Denkmal ist und je stärker sich eine Praxis etabliert hat, desto intensiver scheint manchmal die Lust zu sein, sich daran abzuarbeiten. Hier ein Auszug aus Originalzitaten von Unternehmensberatern (alle männlich), wie sie gegen grundlegende Methoden im Management wettern:

  • „Schafft das Mitarbeitergespräch ab!“
  • „Planung ist sinnlos!“
  • „Scheißt auf Appelle!“
  • „Mitarbeiterbefragungen bringen nichts!“

Auch wenn die eine oder andere Managementpraxis in der Umsetzung kritikwürdig ist, so fehlen oft hinreichende Belege, die das totale Abschaffen dieser Methoden rechtfertigen. Die alternativ skizzierten Ansätze sind dann leider oft entweder in ihrer Wirksamkeit nicht bewiesen, oder so diffus geschildert, dass ein Arbeiten danach praktisch unmöglich ist.

Beharre auf deinem Standpunkt

Die eigenen Lösungen werden von diesen Gurus oft als die einzig wahren dargestellt. Kritik perlt an ihnen ab und scheint sogar, um wiederum Aufmerksamkeit zu maximieren, sehr willkommen zu sein. Ein wissenschaftlich korrektes Vorgehen wäre es, Vor- und Nachteile bzw. Einschränkungen von Methoden offen darzustellen. Diese Differenzierung aber würde nur die rhetorische Wirkung abschwächen, daher gibt es hier nur die „einzig richtige Lösung“, ohne Wenn und Aber.

Was tun?

Brachialrhetorik mag vielleicht unterhaltsam sein, schafft Abwechslung, aber dient meist dazu, Geld in die Kassen der Anbieter zu spülen. Ein nachhaltiges Geschäftsmodell mit tatsächlich wirksamen Lösung sieht anders aus.

Nichts gegen kritische Reflexion von alten Gewohnheiten im Management. Aber Kritik, nur um Aufmerksamkeit zu erreichen, ist unseriös. Daher wünscht man sich ein stärkeres kritisches Hinterfragen dieser lautstarken Rufer.

Und für alle, die diese Denkmalstürmer als Mitbewerber haben, gilt es, sich doppelt anzustrengen, um gegen deren Verführungskünste wirksam zu sein: Nähe zu den Kund:innen, pointierte Kommunikation, Nutzen von Best Practices und eine klare Abgrenzung von aufmerksamkeitsheischender Provokation sind hier sehr hilfreich.

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